Bericht 2016

Der Bericht                                                           Paraguay im Mai 2016                                                                                                                                                                                                                        

 

Heimatliche Gefühle kommen auf, als wir (  HaLo Amelunxen, Gründer des Projekts und meine Frau Karin) aus dem Flughafen "Petti Rossi" treten und uns die 30°C feucht-warme Luft Asuncions, Paraguays Hauptstadt, entgegen wabert. Mittels einiger Dollar an den Gepäckträger haben wir den Zoll elegant umgangen. Ein Kleinbus bringt uns nun  in unser typisch paraguayisches Hotel. Gleich melden wir uns telefonisch im Vikariat, wo unsere Ausrüstung eingelagert ist. Am frühen Nachmittag kommt Gerhard ins Hotel, ein pensionierter deutscher Zahntechnikermeister, der einen Teil des Jahres in Asuncion wohnt. Wir kennen uns seit Jahren und er war schon einmal für uns im Chacoprojekt tätig. Gerhard hilft uns mit seinen Kenntnissen der Asuncioner "Szene" sehr viel weiter. Mit ihm fahren wir ins Vikariat, wo uns der Leiter Oscar auch im Namen von Bischof Lucio Alfert sehr herzlich willkommen heißt. Leider finden wir unser Equipment in einem desolaten Zustand. Wir werden Tage brauchen, um alles zu richten und die fehlenden Teile zu kaufen, aus Supermärkten oder unserem altbekannten Dentaldepot "Guarani", wo wir schon mit Handschlag begrüßt werden. Schließlich haben wir die komplette Ausrüstung zusammen und weitgehend staubdicht verpackt. Waren wir bisher immer in Zweierteams unterwegs, so sind wir heuer mit Gerhard zu Dritt unterwegs, was an sich schon ein logistisches Problem darstellt. Erschwerend  kommt hinzu, dass unsere Ausrüstung u. A. durch die Zahnersatz-Komponente ein erhebliches Ausmaß angenommen hat. Deshalb hat uns Bischof Lucio für die komplette Zeit einen Toyota-Geländewagen  (in Afrika als "Buschtaxi" bekannt) zum Selbstfahren zur Verfügung gestellt. 

Am nächsten Morgen in aller Frühe werden wir Drei von Martin, dem Fahrer vom Vikariat am Hotel mit dem Geländewagen abgeholt. Dieser ist schon recht voll gepackt; nun müssen noch wir Drei mitsamt unserem persönlichen, in Müllbeuteln staubdicht verpackten Gepäck hinein.

Von der Trans-Chaco-Brücke werfen wir noch einmal einen letzten Blick auf die Silhouette von Asuncion, dann liegen 400 Km auf der "Ruta Trans-Chaco" vor uns, eine Stichstraße, die 550 Km bis zur Distrikthauptstadt Mariscal Estigarribia führt. Traditionsgemäß steuern wir nach 250 Km den Rasthof "Pira Hu" (schwarzer Fisch) an, wo die letzte, nördlichste  Espresso-Maschine des Chaco steht. Hier beginnt für mich, gefühlt, das Projekt.

Zunächst geht es noch auf Asfalt weiter über die Mission San Isidro, in der wir alte Bekannte treffen und zu Mittag einkehren. Am späten Nachmittag biegen wir bei Km 400 nach Neu-Halbstadt ab, der Hauptstadt der Mennonitenkolonie Neuland, wo wir noch einmal voll tanken und in der Kooperative Proviant aufnehmen. Kurz hinter Neu-Halbstadt endet der Asfalt und es geht auf die zunächst noch gute Staubstraße, welche ihrem Namen allerdings alle Ehre macht. Mittlerweile ist es dunkel geworden und wir fahren die letzten 50 Km bei Scheinwerferlicht auf einer kleinen "Naturstraße" bis zur Mission "Pirizal", wo wir die folgenden 2 Tage behandeln werden. Die Aufnahme ist gewohnt herzlich. Wie überall sind unsere Gastgeber sehr bemüht, es uns trotz der eingeschränkten Möglichkeiten heimisch zu machen.

Wir richten unsere Praxis für 2 Tage in einer kleinen Kammer ein und haben bald guten Zulauf. Enttäuscht registrieren allerdings die Erwachsenen, dass wir in der Kürze der Zeit keinen Zahnersatz anfertigen können. Wir müssen versprechen, nächstes Mal länger zu bleiben.

Pirizal hat ein von Nonnen geführtes Internat und so behandeln wir viele Kinder. Da Pirizal noch relativ nah am Asfalt liegt und über permanente Strom- und Wasserversorgung sowie Handy- und TV-Deckung verfügt, wird die Mission vergleichsweise häufig von unseren Teams besucht. Dadurch und wegen des guten Mundhygieneunterrichts seitens der Nonnen finden wir vergleichsweise gute Gebisse. Das wird sich dann aber bald ändern, denn es soll weitergehen in die Mission von "Pedro P. Peña" (kurz PPP). Als ich im Vorjahr dem Bischof sagte, dass ich mit meinem Team nach PPP gehen wolle, war er überrascht und erfreut zugleich, da 10 Jahre lang kein Zahnarzt mehr länger dort war. Denn eine Versetzung, z.B. eines Dorfschullehrers, dorthin wird vom "normalen" Paraguayer als Höchststrafe empfunden, liegt doch PPP in der äußersten Ecke des Dreiländerecks PY-Argentinien-Bolivien weitere 250 Km vom Asfalt entfernt im "Wald" und verfügt weder über permanenten Strom, noch Telefon, noch Handy-Deckung!

Man könnte meinen, in PPP zu arbeiten, gliche einem Sanatoriumsaufenthalt. Wären da nicht die Umstände!

 Gegen Mittag trifft Pater (in der Landessprache: Paì) Carlos in Pirizal ein, ein sympathischer, ca. 30- jähriger Paraguayer, den ich schon von früheren Aufenthalten her kenne. Nach dem Mittagessen packen wir unser Fahrzeug. Dann geht es auf die Piste nach Pedro P. Peña. Es hat z.T. ganz leicht unterwegs geregnet, so dass es nicht so stark staubt. Der Paì fährt mit seinem Pick-Up einige hundert Meter vorweg und zeigt den Weg. Sechs Stunden brauchen wir für die 250 Km Staubstraße und erreichen PPP gerade noch im letzten Tageslicht. Wir waren das zuletzt 2005 hier. Seinerzeit standen aber noch viel mehr Bäume. Offensichtlich für Brennmaterial ist in der Zwischenzeit viel abgeholzt worden. Wie seiner Zeit werden wir in "unserer" Holzbaracke einquartiert, deren Fenster nur aus Mosquitogaze bestehen, kein Glas;  Fensterläden sollen den aufkommenden Sturm etwas abhalten, als sich in der Nacht ein heftiges Tropengewitter über uns entlädt, währenddessen die Temperatur um 15°C herunterknallt. Am Morgen werden die Schäden sichtbar:  Die Staubstraße, die wir - glücklicher Weise - schon gestern gekommen sind, ist unpassierbar im Schlamm versunken, der einzige Funkmast umgefallen, der nahe Grenzfluss zu Argentinien, der Rio Pilcomayo, hat einen Höchststand erreicht, einige argentinische Dörfer stehen unter Wasser.

Da Sonntag ist, gehen wir den Tag langsam an und besichtigen den Sanitätsposten, ein Backsteinhaus, in dem ein staatlicher Arzt unter der Woche Sprechstunde hält. Eine dort wohnende Krankenschwester zeigt uns die Räumlichkeiten. Es hat sich seit 2005 nichts verändert. Hier sollen wir gemeinsam mit dem Arzt in einem Raum arbeiten. Das ist keine praktikable Lösung, weil wir mit unserem Equipment allein schon den  ganzen Platz benötigen. Wir besprechen uns mit dem Paì und entscheiden uns dafür, den alten Apothekenraum der Mission zu reaktivieren. Dort haben wir schon vor 11 Jahren gearbeitet. Aktuell wird der Raum als Lager genutzt und wir müssen erst einmal ausräumen und wischen, bevor wir uns mit der "Praxis" (Consultorio) und dem "zahntechnischen Labor" einrichten können. Seinerzeit waren hier neben 2 Patern noch 5 Nonnen stationiert. Wo Frauen  auf einer Mission sind, ist alles -Chaco relativ- sauber und irgendwie "heimelig".  Jetzt, da nur noch 1 Pater zusammen mit einem Gehilfen auf der Mission "regieret", fehlt die "Frauen-Komponente". Heuer erwartet uns ein Junggesellenhaushalt. Trotzdem: Alle sind sehr freundlich, hilfsbereit und versuchen, das -Chaco-relativ- Unmögliche möglich zu machen. 

Die Kommune Pedro-P.-Peña hat ca. 600 Einwohner  aus 3 verschiedenen indigenen Stämmen.

Interessanter Weise verhalten sich die Mitglieder der einzelnen Stämme nicht nur unterschiedlich, sondern sie haben auch unterschiedliche Gebisse. So sind Zähne der Nivaclè sehr leicht, ohne großen Kraftaufwand zu extrahieren, wohingegen man sich bei den Guaranì redlich abmühen muss.

    Am Montag geht es dann richtig los. Zunächst kommen wenige Patienten: Mütter mit ihren Kindern. Bevor die Männer kommen, werden, so unsere sich immer wieder bestätigende Erfahrung, erst einmal die anderen Familienmitglieder vorgeschickt. Als dann noch bekannt wird, dass wir auch Zahnersatz anfertigen, ist der Bann gebrochen und wir haben gut zu tun. Aber  welche Gebisse kommen in die Sprechstunde! Das ist das Horrorkabinett der Zahnheilkunde! Da sind Reihenextraktionen, wie man sie in Europa nur aus dem Lehrbuch kennt, an der Tagesordnung. Dann aber immer wieder einmal vereinzelt gute Gebisse. In den vergangenen 11 Jahren des Projekts hat sich der Anspruch der Patienten an die Kosmetik doch merklich erhöht. Konservierende Zahnheilkunde wird gefordert, wo früher eine "tut-weh, zieh-raus"-Mentalität herrschte (Wie bei uns vor 100 Jahren!). Leider können wir mit unseren eingeschränkten Mitteln nicht jeden Zahn erhalten oder jedweden Zahnersatz anfertigen. Es sind ohnehin nur einfache Kunststoff basierte Prothesen möglich. Wir behandeln im Rahmen unserer Möglichkeiten - letztlich gegen Windmühlen. Hier in PPP wird noch über Jahre hinaus mehr als genug zu tun sein. So arbeiten wir von morgens um 8:oo bis ca. 12:3o Uhr mit Kaffeepause zwischendurch, Mittagspause mit Siesta, um halb-drei dann weiter bis ca. 18:3o Uhr. Es ist wird dann bereits dunkel, befinden wir uns doch auf dem südlichen Wendekreis. Den ganzen Tag über läuft für unsere Praxis der große Strom-Generator der Mission (auf Projektkosten), damit wir überhaupt arbeiten können. Nach dem Abendbrot sitzen wir dann noch mit Paì Carlos oder seinem Assistenten Fabio zusammen, unterhalten uns (Spanischkenntnisse erforderlich!)  bis um ca.21:oo der Generator abgestellt wird und wir unter die Decke ins Bett kriechen oder auch nicht, je nach Temperatur. Denn die Temperaturwechsel im Chaco sind brutal. Heute 35°C morgen 18°C!

Wir haben zwar einen tragbaren Kleingenerator mit, trotzdem überzeugen wir Paì Carlos, nicht in die kleinen abgelegenen Dörfer oder Farmen zum Behandeln zu fahren, da der Aufwand des Ab- bzw. Aufbaus zu groß wäre. Da ist es ökonomischer, die wenigen Patienten dort mit dem Auto ab zu holen.

     Von meinem ärztlichen Kollegen aus dem Sanitätsposten sehen wir nichts. Allerdings schickt er täglich eine Helferin, die eine Liste unserer Patienten mitnimmt, wohl um sich beim Ministerium mit unseren Federn zu schmücken.

 Schließlich neigt sich unsere Zeit in PPP dem Ende zu. Am vorletzten Tag wird dann uns zu Ehren eine Ziege geschlachtet, die in einem großen Essen mit der gesamten Missionsbesatzung und deren Familienmitgliedern vertilgt wird. Das Fleisch ist doch etwas zäh und Karin und ich  sind keine Fleischesser. Doch die Gastfreundschaft gebietet es, lächelnd mit zu essen. Außerdem sitzen an der Tafel 2 Patienten mit neuen, von uns gefertigten Prothesen. Inständig hoffen wir, dass das zähe Fleisch den Prothesen nicht den Garaus macht. Doch im Chaco ist wohl bekannt, dass diese Art von Zahnersatz eher der Kosmetik dient als der Funktion. Entsprechend vorsichtig verhalten sich unsere beiden Patienten. In dem Zusammenhang muss unsere Köchin, eine Indigena vom Stamm der Guaranì, gelobt werden, die die ganze Zeit sehr gut für uns gekocht hat, wie z. B. Krokodil oder Surubi, ein riesiger Fisch aus dem nahen Grenzfluss. In Asuncion eine teure Delikatesse, gibt es Surubi hier bis zum Abwinken. Auf der Mission wird versucht, möglichst viel Nahrung durch Selbstversorgung zu generieren, z.B. durch den Ankauf von Fisch oder Wildbret von den Indigenas, Hühnerhaltung oder auch Jagd.  Unsere Köchin backt dazu ein fantastisches Brot draußen im Freien in einem vormaligen Benzinfass. Dennoch fährt einmal im Monat einer der Kirchenleute fast 300 Km (one-way) mit dem Doppelkabiner-Pick Up für den Generaleinkauf in die Kolonien zur nächsten Supermarkt-Cooperative. So auch während unserer Zeit. Da die Staubpiste durch den Regen verschlammt ist, nimmt der Paì Carlos vorsichtshalber noch 2 starke Männer als Hilfe in seinem Geländewagen mit. Für deren Rückweg lässt der Paì über UKW vom katholischen Radiosender "Pai-Puku", der "Stimme des Chaco", ausrichten, dass, wenn er nicht bis 22:oo Uhr in der Mission eingetroffen sei, er vermutlich in irgendeinem Schlammloch festgefahren sei. Von der Mission mögen dann bitte Männer zur Hilfe kommen. Da unser Buschtaxi das stärkste Fahrzeug ist, werde ich um dessen Bereitstellung gebeten. Natürlich! Mit Freuden und sofort! Ich werde natürlich fahren, da ich die Verantwortung über das Fahrzeug habe. Damit wird es spannend. Unser Toyota wird mit Bergematerial bepackt und aus einem Dieselfass aufgetankt, denn es gibt im Umkreis von 250 Km keine Tankstelle. Freiwillige stehen bereit. Spät abends  ist alles zum Ausrücken bereit. Da kommt um 21:oo Uhr der Wagen des Paters aus der Dunkelheit und rollt auf den Missionshof! Vor Schlamm sieht man die weiße Grundfarbe fast nicht mehr. Aus dem Auto pellen sich mindestens 5 Menschen, die Ladefläche ist Turm hoch beladen, und mit Benzinfässern und Gasflaschen sowie unzähligen Kisten und Kartons sicherlich auch total überladen. Mit der Bergeaktion wird es nun leider nichts mehr!

Unser Einsatz besteht aber nicht nur aus arbeiten, wir haben auch Zeit für Kontakte mit den Leuten und den Kirchenangehörigen. Der enge Kontakt mit den Missionsleuten ist das, was das Projekt immer wieder zu etwas Besonderem macht. Man ist Mitglied der "Familie". Dazu sind allerdings Spanisch-Kenntnisse nötig.

 Da wir den Toyota zur Verfügung haben, fahren wir am Sonntag kurz und unbürokratisch nach Argentinien rüber, wo es genauso trostlos ausschaut wie hier und gehen später angeln. Auf dem Rückweg machen wir noch einige spektakuläre Fotos von unseren Toyota in einem Schlammloch.

Am letzten Behandlungstag brauchen wir den ganzen Nachmittag um unsere Ausrüstung abzubauen und zu verpacken. Alle Instrumente werden noch in unserem bewährten Drucktopf sterilisiert, in Tupper-Dosen verstaut und staubdicht abgeklebt. Ausgerechnet als alles fertig ist, kommt noch ein Patient mit einer leichten Nachblutung (der einzige Zwischenfall während unserer Zeit). Da heißt es, wieder Teile auszupacken und ran an den Patienten. Der kommt dann mehrfach, bis ich die Wunde neu vernähe. So gilt denn am Abfahrtstag morgens gleich der erste Blick dem Consultorio, ob die Nachblutung vom Vortag vor der Tür wartet. Immerhin wäre eine Nachbehandlung nur noch wenige Stunden bis zu unserer Abfahrt möglich. So beladen wir unseren Toyo, der Paì seine Camioneta. Vier große Styropur-Kühlboxen, gefüllt mit 150 Kg Fisch, stapeln sich auf der Ladefläche, in die Kabine klettert eine Familie. Es gibt einen äußerst herzlichen Abschied, einige Patienten kommen, um sich nochmals zu bedanken. Der Dorflehrer, dessen Familie wir behandelt hatten, schenkt jedem von uns zum Abschied eine 2-Liter-PET-Flasche mit Naturhonig von wilden Bienen! Dann geht es endlich los:  Paì Carlos mit seinem "Fischwagen" vorweg, wir wegen des aufwirbelnden Staubs bis zu einem Kilometer hinterher. So haben wir in der Ferne immer eine verwehte Staubfahne vor Augen. Manchmal durchfahren wir Sandfelder mit Knie tiefem Sandstaub, der mehr noch als Schlamm an den Rädern zerrt.

   Der Chaco ist geologisch ein ehemaliger Meeresboden. So gibt es im Chaco keine Steine, nur microfeinen Staub, der alles durchdringt und allgegenwärtig ist.

 Plötzlich ist die Staubfahne verschwunden. Wenig später sehen wir die Camioneta des Paters mit einem abgebrochenen Vorderrad  am Wegesrand  stehen. Das war`s dann wohl! Nun heißt es: umladen und zusammenrücken. Die mitreisende Familie bleibt als Wache am havarierten Fahrzeug.  Unsere Ausrüstung wird neu gestaut, damit die 4 Kühlboxen samt Gepäck der Familie in unseren Toyota hineinpassen. Karin kriecht in den Laderaum, Paì Carlos und Gerhard zwängen sich auf den Beifahrersitz. Ich habe es am Steuer noch am bequemsten. Mit einem Schlag haben wir gut 250 Kg mehr Ladung. Aber unser Geländewagen steckt das locker weg. Nach 3 Stunden Fahrt auf Staubstraßen erreichen wir unser Ziel, den Ort Filadelfia in den Mennonitenkolonien. Dort haben sämtliche Padres des Chaco eine Zusammenkunft mit dem Bischof. Da ich fast alle aus den vergangenen Projekt-Jahren kenne, gibt es ein großes Hallo. Wir sind zurück am Asfalt, d.h. in der Zivilisation mit all ihren Annehmlichkeiten wie Strom, fließend Wasser, Handydeckung und Eisdiele. In der Dämmerung fahren wir schließlich noch 120 Km in die Distrikthauptstadt Mariscal Estigarribia, wo der Bischof wohnt. Wir bekommen unser altbekanntes Zimmer mit frischer Bettwäsche und eigener (kalter) Dusche. Welch ein Luxus! Abends lassen wir bei einem gemeinsamen Essen mit einem Eis gekühltem Bierchen den diesjährigen Einsatz Revue passieren und lauschen den Geschichten  der altgedienten Padres vom Chaco. Anderntags fahren wir, Gerhard , Karin und ich, begleitet von  Paì Carlos, ein letztes Mal mit unserem Toyota. Es geht "heim" nach Asuncion. Das sind zwar nur 550 Km auf Asfalt, aber wegen des außergewöhnlich schlechten Zustands der Ruta Transchaco brauchen wir den ganzen Tag. So kommen wir erst in der Dunkelheit im Vikariat in Asuncion an. Dort lagern wir unsere Ausrüstung ein und beenden bei einem deutschen Abendessen im Restaurant Westfalia das Projekt. Der Rest ist Routine. Zwei Tage haben wir noch in Asuncion zum Ergänzen der Ausrüstung, für private Einkäufe und Treffen mit alten Freunden. Gerhard bleibt noch in Asuncion, wir steigen in den Flieger nach Chile, um alte Freunde zu besuchen.

 

Pedro P. Peña:  Höchststrafe? Eher schon eine Kräfte raubende Station. Du hast ein sauberes Bett, einfach, aber gut zu essen, ein trockenes Dach über dem Kopf,  eine (kalte) Dusche! Was willst Du mehr? Die Grundbedürfnisse sind erfüllt. Aber es ist komplizierter. Du arbeitest irgendwie verdreht den ganzen Tag im Stehen. Eingespielte Arbeitsabläufe aus der Praxis funktionieren hier unter anderen Prämissen nicht. Ständig musst Du improvisieren. Die Temperaturumschwünge können hart sein: Heute schwitzt Du, morgen frierst Du! Und ständig kämpfst Du gegen den Staub, der durch alle Ritzen kriecht und musst ständig mit der Primitivität um Dich herum leben. Das zehrt an Nerven und Körper. Aber dann kommen die Patienten, die sozialen Underdogs, schauen Dich mit großen runden Augen voller Zuversicht und Vertrauen in Deine Fähigkeiten an, sind zufrieden mit dem, was Du leisten kannst und glücklich, wenn sie dann endlich Ihren Zahnersatz erhalten oder ihre frisch gefüllten Frontzähne vorzeigen können. Natürlich, es ist schon deprimierend: Eigentlich müsste das System, welches die Indios total vergisst, geändert werden. Aber dem Einzelnen, dem kannst Du helfen und ein bisschen Glück bescheren. Und Du? Wenn Du aus Pedro P. Peña zurückkommst, weißt Du erst, was für ein privilegierter Mensch Du bist und wie viel Glück Du in Deinem Leben gehabt hast!